Bordeaux 2019

Austausch zwischen europäischen Klassen: ASSP (Bordeaux) und BSBJ vom 23.09.-27.09.2019 

Montag, 23.09.2019

• Empfang im Lycée Professionnel Tregey (24 Rue de Tregey, 33100 Bordeaux), Rundgang und Mittagessen, Hospitationen im Unterricht

Im Lycée Professionnel Tregey wurden wir vom Mme Wimez (Koordinatorin Erasmus+), vom Schulleiter Mr. Le Houedec sowie Kolleg*innen und Schüler*innen herzlich empfangen. In seiner Begrüßungsansprache betonte Mr. Le Houedec den Stellenwert der Europäischen Union für ein friedliches Zusammenleben in Europa. Er verwies auf das besondere Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich und begrüßte den Austausch im Rahmen von Erasmus+, der jungen Europäer*innen das gegenseitige Kennenlernen ermöglicht.

Nachdem Mme Wimez das Programm des Besuches vorgestellt hatte, folgte ein Rundgang durch das Lycée Tregey bei dem uns verschiedene Räumlichkeiten (Bibliothek, Metallwerkstatt, Elektrowerkstatt, Zeichen- und Kunstraum, Wissenschaftsraum etc.) vorgestellt wurden und wir erste Einblicke in das pädagogische Konzept erhielten.

Das gemeinsame Mittagessen nahmen wir zusammen mit den Schüler*innen des Lycée Tregey in der schuleigenen Mensa ein.

In Kleingruppen hospitierten wir anschließend in verschiedenen Unterrichtsettings. Teilweise erhielten wir die Möglichkeit aktiv am Unterricht teilzunehmen (Ernährung/Küche, Pflege und Englisch). Dabei kam es zu vielfältigen Kommunikationsanlässen unter den Schüler*innen und es fand, trotz sprachlicher Barrieren, ein erstes Kennenlernen statt.

Dienstag, 24.09.2019

• Besuch der Ecolé Maternelle (115 Rue Fernand Buisson, 33100 Bordeaux / Bègles), Pädagogische Leitung Mme Cami, Gespräch mit anschließender Führung und Hospitation 

• Besuch des Pole Senior im Centre d'animation Bastide Queyries Queyries (Altenclub Queyries Bordeaux, 13 Allèe Jean Giono, 33100 Bordeaux)

Der Besuch der Ecolé Maternelle Fernand Buisson in Bègles begann mit der Erläuterung des pädagogischen Konzepts der Einrichtung durch Mme Cami (Leiterin der Einrichtung). Dabei wurden deutliche Unterschiede zur pädagogischen Bildungsarbeit mit Kindern im Alter von 0 bis 6 Jahren in Deutschland erkennbar. (Schulpflicht ab 3 Jahren, lange Betreuungszeiten, stark strukturierter Tagesablauf, hohe Lenkung, frühe akademische Bildung) 

Im weitern Verlauf des Gesprächs stellte Mme Cami die verschiedenen Berufsgruppen vor die in der Einrichtung tätig sind und informierte über deren Ausbildungsverlauf: die „professeurs“ (Lehrer) gestalten den Unterricht und müssen ein Universitätsstudium absolviert haben, die „ATSEM“s begleiten die Kinder in allen Phasen des Schultages (Unterricht, Pausen und Betreuungszeiten. Diese Berufsgruppe entspricht am ehesten unseren Sozialassistenten und setzt einen höheren beruflichen Bildungsabschluss voraus. Die „animateurs“ gestalten die Betreuungszeiten außerhalb des Unterrichts und können ihren Beruf bereits mit einem mittleren Bildungsabschluss oder einem entsprechenden Fachabitur ausüben. Mme Cami nahm sich dabei viel Zeit die Fragen der Schüler*innen zu beantworten.

Es folgte eine Führung durch die Einrichtung. Anschließend hatten wir die Möglichkeit in den einzelnen Kindergruppen zu hospitieren. Dadurch wurden die Umsetzung des pädagogischen Konzepts anschaulich vermittelt. Die Schüler*innen gewannen einen vertieften  Eindruck der pädagogischen Arbeit und der ihr zugrunde liegenden Haltung. Die Differenzen zum „deutschen System“ wurden sinnlich erfahrbar und sorgten im Anschluss (insbesondere bei der Reflexion am nächsten Tag) für angeregte Diskussionen.

Am Nachmittag besuchten wir den pôle senior im Centre d'animation Bastide Queyries. Dort trafen wir die Klasse von Mme Wimez und hatten die Möglichkeit am fachpraktischen Unterricht im Bereich Pflege teilzunehmen. 

Die Schüler*innen des Lycée Tregey machten den Senioren verschiedene pflegerische Angebote: Gesichtspflege/Schminken, Ästhetische Hände: Handmassagen & Nägel lackieren, Gedächtnistraining und Tanz.

Unsere Gruppe wurde zum Mitmachen eingeladen und konnte sich in kürzester Zeit in den Unterricht integrieren. Die Senioren begrüßten „die Deutschen“ mit großem Interesse und Herzlichkeit. Alle Beteiligten zeigten eine große Bereitschaft sich aufeinander einzulassen. 

Dabei zeigte sich, dass auch mit geringen Sprachkenntnissen Kommunikation möglich und bereichernd ist. 

Mittwoch, 25.09.2019

• Reflexion der bisherigen Erfahrungen, 

• Stadtrundgang Bordeaux, Schiffsausflug und gemeinsames Abendessen

Am Vormittag luden wir die Teilnehmer*innen des Austausches zum Reflexionsgespräch über ihre bisherigen Eindrücke und Erfahrungen ein. Es zeigt sich, dass die Schüler*innen verschiedene Thematiken beschäftigten: Orientierung in einer fremden Umgebung, gruppendynamische Prozesse, Kommunikation in einem für sie fremdsprachlichen Land, eine unterschiedliche Schul- bzw.  Unterrichtskultur, sowie die Wahrnehmung einer anderen pädagogischen Haltung.

Zur Vorbereitung der Erfahrungsberichte der Teilnehmer*innen wurden Arbeitsgruppen zu den Themen Pflege, Erziehung/Pädagogik, Ausbildung, Erfahrungen im Ausland sowie Bordeaux (Geschichte und Kultur) gebildet.

Der Nachmittag stand für eine Stadterkundung zur freien Verfügung, wobei die Schüler*innen frei wählen konnten, ob sie sich in Begleitung der Lehrkräfte oder selbständig in Kleingruppen bewegen wollten. Sie wurde durch eine gemeinsame Schifffahrt auf derGaronne und ein gemeinsames Abendessen abgerundet. 

Donnerstag, 26.09.2019

• Besuch des Lycée Professionnel Tregey (24 Rue de Tregey, 33100 Bordeaux), Bericht und Bilanz des Besuchs der französischen Schülerinnen und Schüler in Frankfurt im März 2019, Evaluation des dortigen Märchenworkshops, spielerisches Kennenlernen der deutschen und französischen Schüler und Schülerinnen, Austausch über die Bildungssysteme in Deutschland und Frankreich

• Besuch des Institut Médico-Educatif Don Bosco (Rue St. Francois Xavier Gradignan, 33100 Bordeaux), Mittagessen und Gespräch mit Mr. Thieuleux, Führung durch die Einrichtung

• Besuch des Centre Occupationnel de Jour Ad’Appro (Tageseinrichtung zur beruflichen Orientierung für junge Menschen mit Beeinträchtigung, 247 Rue Lecocq, 33100 Bordeaux), Führung durch die Einrichtung und Gespräch mit MrRichard Frestel, sowie den anderen Werkstattleitern und den Klienten.

Bei unserem zweiten Besuch im Lyceé Tregey berichteten uns die französischen Schüler*innen von Ihrem Aufenthalt in Frankfurt im März 2019. Sie schilderten Ihre Eindrücke vom Besuch der Beruflichen Schulen Berta Jourdan sowie verschiedenen pädagogischen und pflegerischen Einrichtungen (Kindertagesstätte „Kinderarche“, Brüder-Grimm-Straße 20, 60385 Frankfurt, Kinder- und Familienzentrum „KIFaZ Morgenstern“, Platenstraße 77, 60431 Frankfurt, Krabbelstube für Kinder mit und ohne Beeinträchtigung „Gut Hausen“, Friedrich-Wilhelm-von-Steuben-Straße 2, 60487 Frankfurt) Außerdem besuchte die Gruppe das Frankfurter Struwwelpeter Museum und  das Frankfurter Filmmuseum. Dort nahm an sie einem Trickfilmworkshop teil und erstellte einen eigenen kleinen Film. 

Besondere Erwähnung fand der Märchenworkshop an der BSBJ, an dem deutsche und französische Schülerinnen gemeinsam teilgenommen hatten. Inhaltliche Unterschiede und Gemeinsamkeiten der deutsch/französischen Märchentexte wurden herausgearbeitet. Die französischen Schüler*innen beeindruckte insbesondere das produktionsorientierte Verfahren der Texterschließung mit verschiedenen Methoden der Theaterpädagogik. 

Von den Schüler*innen angeleitete Spiele vertieften im Anschluss das Kennenlernen. 

In gemischten Kleingruppen erfolgte ein Austausch über die Ausbildungsgänge im LyceéTregey und die anschließenden beruflichen Möglichkeiten. Hierbei wurde deutlich, dass für die Schilderung komplexer fachlicher Zusammenhänge das Sprachniveau in Französisch, Deutsch oder auch Englisch oft nicht ausreichte. Teilweise erfolge der Austausch in Spanisch oder Arabisch. Die Entdeckung eines gemeinsamen Migrationshintergrundes förderte das Gemeinschaftsgefühl und motivierte auch zum weiteren fachlichen Austausch.

Am Nachmittag besuchten wir mit einer Gruppe von 5 Schüler*innen das Ad‘Apro, eine Tageseinrichtung zur beruflichen Orientierung für junge Menschen mit Beeinträchtigung. In der kleinen, familiär geführten Einrichtung ( 20 Schüler*innen, 5 Mitarbeiter*innen) erhieltenwir von Mr. Frestel (Leiter der Holzwerkstatt) eine Führung durch die Einrichtung mit ausführlichen Erläuterungen zum Konzept (Förderung der Selbständigkeit und Selbstorganisation, Kennenlernen verschiedener Berufsfelder (Ernährung, Hauswirtschaft, Holz, Gestaltung), Erlernen handwerklicher Fähigkeiten, Förderung von Kreativität,. Dabei hatten wir die Möglichkeit zu ausführlichen Gesprächen mit den Schüler*innen, die uns von ihrem Alltag in den Werkstätten berichteten, Abläufe erklärten und uns Werkstücke zeigten. Ziel der Einrichtung ist es die jungen Erwachsenen hinsichtlich ihrer beruflichen Orientierung zu beraten und  zu begleiten und sie wenn möglich zur Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt zu befähigen.

Mit den restlichen 21 Schüler*innen besuchten wir Das institut médico-éducativ Don Bosco, in dem neben der Betreuung und Begleitung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Beeinträchtigung auch 81 von Kindeswohlgefährdung betroffene Jugendliche betreut, die teilweise auch ihre schulische sowie berufliche Ausbildung innerhalb der Einrichtung absolvieren. Hier hatten wir die Gelegenheit in dem Hauseigenen Restaurant ein von den Klienten zubereitetes 3-Gänge-Menu zu genießen. M. Thieuleux erklärte uns das pädagogische Konzept, zeigte uns die Einrichtung und beantwortete uns alle Fragen.

Am Abend trafen wir uns (ohne die Schüler*innen) bei einem gemeinsamen Abendessen mit Mme Wimez (Erasmus+ Koordinatorin am Lyceé Tregey) zum Austausch über den bisherigen Besuchsverlauf sowie zur Planung des weiteren Vorgehens. Mme Wimez zeigte großes Interesse an einer Weiterführung des Austausches. Der Besuch ihrer Klasse in Frankfurt habe die fachlichen und kulturellen Kenntnissen ihrer Schüler*innen erweitert und deren sozialen Kompetenzen gestärkt. Insbesondere hätten die Englischlehrerinnen bei den Schüler*innen eine gesteigerte Motivation zum Fremdspracherwerb festgestellt. Der Aufenthalt in Frankfurt habe in der gesamten Schulgemeinde „nachgehallt“, was sich auch durch ein gesteigertes Interesse am Erasmus+ Programm bemerkbar mache. 

Freitag, 27.09.2019

• Reflexion/erste Bilanz des Austausches, 

• Besichtigung des Tour Pey-Berland / Kathedrale Saint – André, gemeinsames Abendessen

Am Vormittag trafen wir uns erneut mit den Schüler*innen. Eine erste Bilanz des Besuches wurde mit Hilfe eines Fragebogens ermittelt und im Plenum diskutiert.

Anschließend erfolgte eine Weiterarbeit in den am Mittwoch gebildeten Themengruppen. Einen Überblick über den Arbeitsfortschritt und die inhaltliche Auseinandersetzung gaben die einzelnen Gruppen in einer Abschlussrunde. Alle Gruppen konnten bereits abgeschlossene Texte präsentieren.

Den Nachmittag nutzten wir zur Besteigung des Tour Pey-Berland (Glockenturm) der gotischen Kathedrale Saint-André aus dem Jahre 1440. Die Kathedrale gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe und steht ebenso unter Denkmalschutz wie die angrenzende Altstadt von Bordeaux, die wir im Anschluss besichtigten.

Zum Abschluss des Austausches trafen wir uns zu einem gemeinsamen formlosen  Abend- essen, das die Gruppe intensiv zum Austausch über die Erlebnisse der Woche nutzte.