Dublin 2022

Reisebericht Dublin mit Erasmus+ (6.-11.11.2022)

Zu zweit machten wir uns auf Richtung grüne Insel, um die dort arbeitende Studierende zu besuchen und das ansässige Bildungssystem zu erkunden. Irland präsentierte sich wie erwartet in teilweise windigem, regnerischen bis rauem Klima, das ab und zu von Sonnenstrahlen durchbrochen wurde. Im Gegensatz dazu standen die liebevolle Kommunikation der Fachkräfte in der Kita, der wertschätzende und herzliche Umgang mit uns, aber auch untereinander, und mit den Kindern. Von nordischer Kühle war hier nirgends etwas zu spüren. Dieser Grundsatz findet sich auch in den Bildungsinstitutionen, die wir nach einigem Terminvereinbarungsgerangel besuchen durften, wieder. Die privatisierten Institutionen der Frühpädagogik bestachen vor allem durch ihren individuellen Umgang mit kindlichen Lernstadien im Rahmen der wöchentlich gestalteten Projektarbeit, bei der die Kinder sich in vielen unterschiedlichen, gleichzeitig ablaufenden Angeboten gut betreut finden.

Die Förderung individueller Interessen, Ressourcen und Fähigkeiten steht im Mittelpunkt der pädagogischen Arbeit. Der Lernanspruch ist dabei im Rahmen des dortigen Lehrplans AISTEAR (early childhood curriculum framework for all children from birth to 6 years in Ireland) relativ hoch und bereitet die Kinder auf die - verglichen mit Deutschland - frühe Einschulung vor.

Wir erfuhren, dass sich das System derzeit im Wandel befindet und unser für europäische Verhältnisse spätes Einschulungskonzept viel Bewunderung erfährt. Auch die stark spielerischen Zugänge zu Lern- und Bildungsinhalten in der frühkindlichen Bildung in Deutschland wurden gewürdigt und diskursiv untersucht. Gleichzeitig gilt es die irische Gelassenheit und Offenheit in der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft unsererseits als positiv wahrzunehmen. Hier werden Austauschinstrumente genutzt, die in Deutschland kein Datenschutzbeauftragter zulassen würde, so dass Eltern täglich am pädagogischen Leben ihrer Kinder beteiligt werden. Das Fachpersonal scheut keine Mühen und Arbeit, um Familien ressourcenorientiert an der institutionellen Kindheit teilhaben zu lassen und dokumentiert die Lernprozesse der Kinder mit allen zur Verfügung stehenden digitalen Mitteln. Die vielen Fotos, die intensive Portfolioarbeit, die wöchentlichen Mappen für Eltern und der engmaschige Kontakt per Mobiltelefon oder Tablet sind Zeugnisse dieser intensiven Arbeit. Vielleicht trägt auch dies zur besonderen sozialen Wahrnehmung und Stellung des Berufsbildes des Erziehers bei.

Aber auch das irische Bewusstsein für die Errungenschaften der Demokratie und Unabhängigkeit spiegelt sich in Einrichtungen und sämtlichen öffentlichen Institutionen wider. Die Normalität von demokratischem Gesellschaftsbewusstsein in individueller Bedürfniswahrnehmung bei gleichzeitiger Berücksichtigung gemeinschaftlicher Interessen durchströmt die Gesellschaft und den zwischenmenschlichen Umgang allumfassend. Die Mischung aus persönlicher Freiheit in Wertschätzung des Gegenübers und gleichzeitiger politischer, gemeinsamer Werte macht auch vor den gut gestalteten Räumlichkeiten der Pre-Schools nicht halt und wird mit einer stetigen Selbstverständlichkeit liebevoll vermittelt. So wird kindliche Partizipation in einer Natürlichkeit gelebt, dass man gar nicht anders kann, als dem Gegenüber offen und interessiert zu begegnen.

In reflektierenden Gesprächen kommen wir zu dem Fazit, dass Erasmus+ uns mit vielen neuen pädagogischen Ideen, Methoden der Umsetzung und didaktischen Überlegungen von der grünen Insel entlässt, die wir in unsere eigene Arbeit integrieren und so hoffentlich auch weiteren Studierenden zugänglich machen können.