Irland 2023

Zwei Lehrerinnen berichten: Gute Einblicke in die Montessoripädagogik, das Erleben irischer Kultur und die Begegnung mit überaus herzlichen Menschen – das war der Ertrag unseres fünftägigen Aufenthaltes in Dublin.

Gleich zwei Studierende haben dieses Jahr den Weg auf die grüne Insel gefunden, beide sind in privaten Montessori-Einrichtungen aufgenommen worden, und wir erfuhren, dass die Montessori-Pädagogik in Irland weit verbreitet ist. Meist altershomogen in für deutsche Verhältnisse kleinen Gruppen von sechs bis 16 Kindern organisiert, erleben die Kinder in den Jahren vor Schulbeginn eine fröhliche und behütete Zeit, in der sie von den Pädagog*innen mit liebevoller Zuwendung umsorgt werden. Der Alltag in den Einrichtungen ist klar strukturiert durch vier Mahlzeiten (es gibt ein erstes und ein zweites Mittagessen!) und eine deutliche Unterscheidung zwischen den vormittäglichen „lessons“ im „classroom“, in welchen die Kinder ihre vorstrukturierten Arbeiten erledigen, und dem freien Spiel am Nachmittag. 

Die Aufgaben der „teacher“ bestehen neben der Anfertigung und Bereitstellung vielfältigen Lernmaterials, das die Kinder beim Erwerb von sprachlichen, mathematischen und lebenspraktischen Kompetenzen unterstützen soll, auch aus für uns eher ungewohnten Tätigkeiten wie dem akribischen Protokollieren der Schlafposition und Körpertemperatur der schlafenden Kinder (alle zehn Minuten!), dem Notieren der Raumtemperatur, dem abendlichen Reinigen der Räume und dem täglichen Informieren der Eltern durch Zuschicken von ca. hundert Fotos, die über den Tag entstanden sind.    

Anders als bei uns gibt es in den Einrichtungen klare personelle Aufgabenverteilungen: So sind die pädagogischen Kräfte – mit und ohne Montessori-Ausbildung und je nach Zusatzqualifikation in unterschiedliche „level“ eingeteilt – fast ausschließlich für die Belange der Kinder zuständig; darüber hinaus gibt es immer auch General Manager, die die Einrichtung nach außen repräsentieren, aber auch für die Kommunikation mit den Eltern zuständig sind und die Kinder morgens an der Tür empfangen. Die Besitzer dieser privaten Einrichtungen wiederum zeichnen für die ökonomische Seite verantwortlich und wohnen nicht selten im selben Gebäude.

Wir waren begeistert, was den Kindern alles geboten wird: In der GlenoneMontessori Preparatory School zum Beispiel erhält jedes Kind eine eigene kleine Geige und entsprechenden Unterricht! Regelmäßig werden auch andere Expert*innen eingeladen, so zum Beispiel eine Archäologin, um die Fragen der Kinder zu Dinosauriern zu beantworten, ein Naturpädagoge mit Alpakas, aber auch aus der Elternschaft ein Zahnarzt, ein Musiker, ein Pilot… Im Außengelände gibt es eine „forest school“, in der die Kinder morgens als erstes den jahrhundertealten Baum begrüßen und in einer Matschgrube spielen dürfen. Hinter dem Haus füttern sie Hühner und Kaninchen. Das alles hat auch seinen Preis: So zahlen Eltern für einen Ganztagsplatz 1400 Euro! Da verwundert es nicht, dass viele Familien ihre Kinder frühzeitig in die kostenlose Schule geben, oft schon mit fünf Jahren. Die Lebenshaltungskosten in Irland, so erfuhren wir, liegen um knapp 15 % höher als in Deutschland. 

Im Gespräch mit den Studierenden und den Anleiter*innen wurde deutlich, dass auch in der Ausbildung Prioritäten anders gesetzt werden als bei uns: So gibt es nur kurze Absprachen im Team vor oder nach der Arbeit, aber klassische Teamsitzungen wie in Deutschland finden nur zweimal im Jahr statt. Auch Elterngespräche gestalten sich anders: So berichtete eine Anleiterin, dass sie diese meist telefonisch führt. 

In Irland studiert man Early Childhood Care & Education an der Universität. Um einen Überblick über Studieninhalte zu erhalten, besuchten wir mit den Studierenden zusammen das altehrwürdige Trinity College.

Begeistert hat uns auch das kulturelle Angebot Dublins, das auch für Kinder einiges bereithält. Leider hatte die „Ark“, eine künstlerische Kinderakademie, die wir gern besucht hätten, aufgrund von Ferien geschlossen. Städtische Museen sind in Dublin kostenlos, so etwa die National Gallery mit ihren beeindruckenden Werken irischer Künstler, in der auch Kinder malen dürfen. Im wunderschön angelegten Botanischen Garten informieren liebevoll gestaltete Tafeln Kinder, wie und wozu man kompostiert. Hier liefen überall kleine verkleidete „Kürbisse“ herum, denn man feierte am Abend Halloween, eine Tradition, die ja aus Irland stammt und große Bedeutung hat. Auch eine grandiose Foto-Ausstellung besuchten wir. Die Künstlerin bildet hier ihr Leben mit ihren behinderten und nichtbehinderten Kindern ab sowie mit ihrem Onkel, der Down-Syndrom hat und zudem genderfluid ist.

Was wäre ein Besuch Irlands ohne Pub? Auch diese Erfahrung musste sein, und wir erlebten, dass nicht nur hier, sondern auch auf der Straße überall wunderbare Livemusik gespielt wird. Wie gut, dass es nur manchmal regnete! So war auch eine Fahrt an die Küste nach Howth möglich, wo wir uns den Wind um die Ohren pusten ließen, den weitläufigen „path“ entlang der Küste entlangwanderten und das satte Grün Irlands und die rauhe irische See bewunderten. Stilecht kehrten wir in eine der vielen Kneipen ein, um fangfrischen Fish und Chips zu genießen.

 

Was uns am meisten beeindruckte, war die unglaubliche Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Iren. Wen man auch ansprach, um nach dem Weg zu fragen: Alle waren entspannt, ausnehmend gut gelaunt und nahmen sich Zeit für uns. Dies, gepaart mit dem unzerstörten Stadtbild Dublins mit seinen wunderschönen viktorianischen Backsteinhäusern, werden wir noch lange in Erinnerung behalten.